»Als Kind bin ich dauernd auf meinen Großvater angesprochen worden, das ging mir mächtig auf die Nerven«, sagt Paul Trappen II. Heute ist das anders, und deshalb sitzen wir hier. Als ich ihn neulich im Theater Trier hinter den Kulissen kennenlernte – er arbeitet als Schnürmeister dort, ist also für Vorhänge und alle Kulissenbewegungen zuständig –, hat er mir auf dem Handy ein paar Fotos seines Großvaters gezeigt. Paul Trappen I: vor 100 Jahren der stärkste Mann der Welt. Darüber wollte ich unbedingt mehr hören.
Zwei Ochsen hat der Opa gehoben (4128 Pfund), 32 Leute gestemmt (4740 Pfund), und es hätte nicht viel gefehlt, da hätte er eine Weltkarriere beim amerikanischen Zirkus Barnum & Bailey gemacht. Stattdessen blieb er in Trier, betrieb als Wirt das Rippchenhaus in der Simeonstraße (»Rippchen mit Kraut 1,10 DM, Rumpsteak 1,60 DM, halber Liter Bier 0,39 DM«) und war sein eigener bester Kunde: »Ein Omelette aus einem Dutzend Eiern, zwei Liter Ochsenblut, zwei Pfund Tartar – das war nichts für ihn«, sagt sein Enkel, der seinen Großvater nicht mehr erlebt hat, dafür viele Anekdoten von seinem Vater kennt. »Mein Vater musste immer das Auto meines Großvaters putzen und wollte eines Tages mal damit eine Runde drehen. Da hat mein Opa den Wagen hinten angehoben, damit er nicht wegkonnte.«
Und der Enkel? Macht er selbst auch Kraftsport? »Nein, mein Knochenjob reicht mir«: 17 mal hat er sich bereits den Arm ausgerenkt. Er ist eher zufällig ans Theater geraten, Anfang 1983 als Statist in der Operette Wiener Blut: »Ich habe mich in so einem Goldbrokathöschen zum Larry gemacht, der Job bestand darin, eine Stunde lang eine Fahne zu halten.« Kurz danach begann er als Bühnenarbeiter und wurde schnell zum Schnürmeister befördert.
»Das Theater ist meine Welt. Es ist die tollste Arbeit, die man sich vorstellen kann, ich würde keine andere machen wollen.« In der Studentenkneipe Astarix direkt neben dem Theater, wo wir uns treffen, ist er seit 30 Jahren Stammgast, als einziger hat er hier einen PVP. Einen was? »Einen persönlichen Viez-Porz«, den typisch Trierer Apfelweinbecher, das Geschenk eines Kammersängers. In der Kneipe hängen Filmplakat-Parodien mit seinem hineinkopierten Foto: »Dirty Drinking«, »Indiana Jones – Jäger des vergorenen Apfels« und »Viez-Tricks«. Eher beiläufig erzählt er, wie das Theater vor zwei Jahren mal die Generalprobe zu einer Benjamin-Britten-Oper verschoben hat, damit er dabei sein konnte. Warum? »Ich musste zu so einer Preisverleihung.« Was für ein Preis? »Ach, so ein Ding für Zivilcourage. Ich bin bei einer Schlägerei dazwischen gegangen, da ist eine Frau auf offener Straße verprügelt worden.«
Starker Opa. Starker Enkel.
Der Bericht über meinen Mann ist echt super geschrieben. War ein Erlebnis, Sie persönlich kennenzulernen und hat meine Neugier geweckt, Ihr Buch zu lesen. Vielleicht hab ich ja auch irgendwann mal Glück beim Herrn Jauch als Kandidatin?! LG aus dem schönen Trier. Pia
Liebe Meike,
danke für die Kleinode aus dem täglichen Leben in und um Trier. Ja, man muss wohl einmal
mehr Augen und Ohren öffnen für die Menschen, die sicher in jeder Stadt direkt neben uns
wohnen, meist unbemerkt.
Mit besten Grüßen
Martina
Schön, dass Sie über unseren guten Paul schreiben!
Klasse Typ!! Mehr davon!!
Tolle Geschichte! Ein ausgezeichneter Mann, der Trappens Paul, wie der Trierer sagt.
http://www.16vor.de/die-herren-haben-alle-richtig-gehandelt/
Starke Geschichte. Wie immer findest zu solche. Im Heuhaufen. Stark!