Speziell

0121bus Die Trierer seien… speziell, wurde mir im Vorfeld immer wieder gesagt, und wenn ich nachfragte, hieß es: Wirst schon sehen. Ich werde was sehen? Na, speziell eben. Unzugänglich, abweisend. Gelegentlich mürrisch. Aha.

Wenn der Trierer auf diese Weise speziell sind, habe ich noch keinen getroffen. Gibt es den überhaupt, ist er nicht am Ende nur eine Sagengestalt? Oder wird es mir passieren, dass ich nur mit speziellen Leuten zu tun bekomme? Der Spiekerooger sei ja auch speziell. Und der Görlitzer erst!

Zumindest der Verkehrsverbund Region Trier gibt sich Mühe mit der Aufrechterhaltung des Mythos. Nicht durch die Busfahrer, oh nein, die sind durch die Bank nett. Sondern durch die Sitze. Zu breit für einen, zu schmal für zwei. Wer sitzt, mag nicht, dass sich einer dazuquetscht. Wer steht, schaut muffig auf den leeren halben Sitz. So züchtet man Trierer.

19 Gedanken zu „Speziell

  1. Daniela

    Berliner zuechtet man auch so. 🙂 In den hiesigen Trams sind die Sitze genau so unkommunikativ. Und fuer zwei auch ziemlich unbequem.

  2. Ralph

    Im Jahre 1984 feierte Trier seinen 2000. Geburtstag.
    Während dieser Zeit prankte ein Grafitto an einer Trierer Hauswand.
    „Römer, Franzosen, Amis raus – 2000 Jahre Besatzung sind genug“.
    Mit diesem reichen Erfahrungsschatz mag der Trierer hin und wieder mit etwas Zurückhaltung oder Skepsis manchen Zeitgenossen gegenüber treten. Ich komme zwar auch aus dem Trierer Land, bin aber schon im In- und Ausland rumgekommen und würde die Trierer als nett, hilfsbereit und gastfreundlich bezeichnen. Da gibt es keine besonderen Auffälligkeiten. Wer allerdings „vill Geschiss“(übertriebene Freundlichkeit) erwartet, wird unter Umständen enttäuscht. Auch ein allzu loses Mundwerk ist für den Trierer eher befremdlich. Wem das nicht reicht, dem empfehle ich einen Ausflug ins nahe Saarland. Da bluten einem abends schon mal die Ohren.
    Desweiteren neigt der Trierer dazu, sich kleiner zu machen als er ist. Das gilt insbesondere für einige Exil-Trierer, die anderswo alles schöner, besser und grösser finden. Noch etwas: Die Trierer (und damit meine ich auch das Umland) empfangen dich nicht sofort mit offenen Armen. Man muss schon selber hingehen. Wenn sich dich aber ins Herz geschlossen haben, lassen sie dich nicht wieder los. Ich kenne da ein paar gute Beispiele.

  3. Tobias

    Als Ur-Trierer kann ich der Stereotypisierung „alle Trierer sind anders / mürrisch / unfreundlich / unzugänglich“ nur zustimmen. Vor allem merkt man das, wenn man hier mal raus kommt und feststellt, wie unglaublich freundlich die Leute denn anderswo sind. Diese Freundlichkeit oder einfach nur ein Lächeln der Dame hinter der Wursttheke vermisst man hier sehr oft.
    Neulich habe ich den Hausmeister meiner alten Schule (beruflich) getroffen. Er hat mich auf seine sehr spezielle Art und Weise begrüßt. Wir hatten uns kurz unterhalten und unseren Spaß. Als ich wieder ging dachte ich, jeder Trier-fremde hätte seine (und sicher auch meine) Worte als plumpe Beleidigung angesehen.

    So sind wir eben, direkt und nehmen seltenst ein Blatt vor den Mund.
    Aber eins ist für Außenstehende sehr wichtig: Wenn auch im Aufeinandertreffen / im Eifer des Gefechts nur schwer zu verstehen… wir meinen es nicht so… ganz sicher!

    1. Erni

      Ich bin ebenfalls Ur-Trierer, bin in den letzten 15 Jahren sehr oft innerhalb Deutschlands umgezogen und halte diese Vorurteile, seien sie negativ (mürrisch) oder positiv (wenn sie mal aufgetaut sind…) für einen Riesenquatsch. Es gibt hier genau so viele „Knoterer“ und höfliche Menschen wie überall sonst in der Welt auch.

  4. SteffiG

    Hm, interessant. War gestern in der Region Trier. Stiefkind hatte es mit Mama und neuem Vater (jobmäßig) dorthin verschlagen, die auch nicht von dort sind, aber schon an verschiedenen Worten gewohnt haben. Sie haben mir gestern auch erzählt, dass die Menschen aus der Region… nun, schwer zugänglich wären und irgendwie ein bißchen komisch. Die „Ureinwohner“, mit denen ich es dann gestern zutun hatte, waren in der Tat.. nun… irgendwie verschlossen und kamen mir etwas argwöhnisch vor. Stiefkind zieht jetzt in den Osten. Mama meinte, sie werden wohl dem kleinen Ort (240 Seelen, „in dieser Ortschaft gilt rechts vor links“) und der Region nicht nachtrauern…
    PS: Ich kenne aber eine Familie aus Trier-Ehrang, die wirklich sehr sehr nett sind! 🙂

  5. UllaK

    Die Sitze werden wohl der Fettleibigkeit der Gesellschaft angepasst. Auch im Zweisitzer kann es einem passieren eingequetscht zu werden, wenn sich so ein Viertelpfünder daneben setzt!

    1. Hilde

      also ich bin ja nicht gefragt 😉 aber mir ist gestern schon eingefallen: wenn hier zuviel steht, was soll da noch ins Buch…… 😉 ? Da wollen wir doch auch spannende, unzählige Neuigkeiten erfahren ……
      ach, was sind wir nur für Menschen 🙂

  6. Franziska

    Diese Sitze werden sie in den Potsdamer Strassenbahnen neuerer Bauart auch wiederfinden. sehr seltsame Erfindung, wenn sie mich fragen. entweder man rutscht zusammen und fühlt sich unbehaglich oder man kassiert leicht neidische Blicke ob des breiten Sitzplatzes, wo andere doch stehen müssen – und fühlt sich auch unbehaglich 😉

  7. Nelly Fleckhaus

    Liebe Meike, diese Sitze gibt es auch im öffentlichen Nahverkehr in Hamburg. Und in Wilhelmsburg zwängen sich durchaus auch mal zwei Frauen auf die Sitzgelegenheit.

      1. Meike Winnemuth Beitragsautor

        Also der 6er, den ich regelmäßig nutze, hat links und rechts normalbreite Zweiersitze. Nimmt Du immer den zu Deinen Latifundien auf dem Süllberg, Hollow?

        1. Birgit

          In verschiedenen Bussen in Hamburg (4,5,15) nicht komplett im ganzen Bus und natürlich abhängig vom Modell, aber im vorderen Bereich vor dem ersten Ausstieg, vorzugsweise auf der rechten Seite in Fahrtrichtung – dies Pseudo-Vierer-Sitze…

  8. jule

    Der letzte Satz ließ mich stutzen. Denn ich las: „So züchtet man Terrier.“
    Ist nicht der Mensch als solcher speziell? 😉

Kommentare sind geschlossen.