Ein Nachbar sprach mich heute morgen auf der Straße an. »Ich habe gelesen, was Sie im Volksfreund gesagt haben. Dass das hier eine Idylle sei. Finden Sie das wirklich? Gucken Sie sich doch mal die Straße an und die Bahnschienen! Dieser Verkehrslärm!« Ich versuchte noch zu erklären, dass ich im Gegensatz zu ihm das Glück habe, nicht zur Straße hin zu wohnen und selbst wenn, dass die Straße im Vergleich mit einer Großstadtstraße in Hamburg immer noch ruhig sei, aber das machte es nur schlimmer. »Eine Großstadt mit Trier vergleichen, das ist doch wohl, wie Eintracht Trier mit Bayern München zu vergleichen!« Erbost schob er ab, im Gehen raunzte er noch: »Dummes Geschwätz!«
Kann sein, dass er recht hat. Kann sein, dass alles, was man als Außenstehende über einen fremden Ort denkt und sagt – zumal wenn man ihn nur einen Monat lang erlebt –, gar nichts anderes als dummes Geschwätz sein kann. Die Sichtweise ändert sich, je länger man an einem Ort lebt, je genauer man seine Vor- und Nachteile kennt. Sie verklärt sich, sie verunklärt sich aber auch. Dass der Mann an der Straße nach Jahrzehnten keinen Blick mehr für die Schönheit seines Ortes hat, für die Direktlage an der Mosel, für die Nähe zum Wald, verstehe ich sogar. Ein bisschen. Interessant finde ich aber doch die Vehemenz, mit der so viele auf ihrer eigenen Wahrheit beharren und sich die der anderen nicht mal anhören mögen. Im August zum Beispiel erschien eine Reisereportage über die Mosel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die bis heute Wogen schlägt, ich wurde bislang fünfmal darauf angesprochen (»Hast du das schon gelesen…?«).
Jetzt habe ich es endlich gelesen – und fand das Stück zwar böse, aber längst nicht so ehrabschneidend, wie es in der Region empfunden wurde, denn die Schönheiten des Moseltals hat der Autor immer wieder besungen.
Eine kunstvollere Kulturlandschaft, eine gelungenere Kollaboration von Mensch und Natur gibt es kein zweites Mal in Deutschland. Wie ein Lindwurm mäandert die Mosel durch ihr tiefes Tal, mehr gedankenverloren schlendernd als zielstrebig fließend, ein Fluss ohne Eile und Hektik, dessen Gelassenheit sich sofort auf jeden Besucher überträgt. Doch einzigartig machen die Mosel erst ihre Weinberge, die sich an den Steilufern festkrallen wie Schwalbennester und mitunter so schwindelerregend vertikal sind, dass die Winzer zu Bergsteigern werden. Es ist ein grandioses Zusammenspiel aus den Rundungen des Flusses, den Schwingungen der Steilufer und der strengen, geometrischen Parallelität der Reben, die wie ein filigran gestricheltes Patchwork die Hänge hinaufklettern. Es ist dieser ständig wechselnde Rhythmus aus Kurve und Gerade, dieser wundersam aufgelöste Widerspruch aus Urtümlichkeit und Kultiviertheit, der die Mosel zu einem Gesamtkunstwerk aus Wasser und Wein werden lässt. Ein hübscher Fluss wäre sie ohne ihre Reben. Eine überwältigende Schönheit ist sie dank ihnen.
Es ist so eng und hermetisch, so sehr in sich selbst ruhend und sich selbst genügend, dass man hier leicht der Versuchung erliegt, im eigenen Saft zu schmoren – und gleichzeitig ist es so schön, dass man gar nichts dagegen hat.
Trotzdem: Gegen die Denunziation von Cochem als Mosel-Ballermann schrieb sogar der Landrat einen Protestbrief, der Autor (»Ich stehe auf der schwarzen Liste des kubanischen Außenministeriums, weil ich unfreundlich über Fidel geschrieben habe und die Taiwanesen mögen mich auch nicht sehr. Aber so etwas wie an der Mosel ist mir noch nie passiert«) musste sich auf einer Podiumsdiskussion rechtfertigen und auch heute noch, knapp fünf Monate nach Erscheinen, ist das Stück Gesprächsstoff.
Für mich folgt daraus, in diesem Jahr bei Beobachtungen zu bleiben und die Urteile stecken zu lassen. Nicht aus Furcht vor einer ähnlichen Welle, sondern im Wissen, dass ein Monat niemals ausreicht, vermutlich nicht mal ein Jahr, um einen Eindruck zu bekommen.
Und doch, und doch: Dies ist der Anblick, wenn ich aus meinem Haus trete. Dazu muss man sich noch das Murmeln eines Baches denken und die Rotschieferwände, die sich rechts erheben. Keine Idylle? Okay, dann eben keine Idylle.
Be-urteilungen sind noch lange keine Ver-urteilungen. Nur vor letzteren sollten wir uns hüten.
Dein Urteil interessiert uns gedanklich Mitreisende. Die wir die Verantwortung selbst übernehmen können, ob wir deinem Urteil (ver)trauen, es hinterfragen, ihm etwas entgegensetzen oder es kopfschüttelnd quittieren sollen.
Dieser knurrige Mann hatte den Mut, dir sein Urteil über dein Urteil ins Gesicht zu sagen. DEN Mut hast du doch auch. Uns dein Urteil aufs „Papier“ zu schreiben. Und den Mut, unsere Meinung dazu auszuhalten. Das wäre doch absurd, wenn wir jetzt nur noch einen Sachbericht bekämen … ne, ne, ne, ne, ne, würde der Maulwurf’n sagen … und ich wäre jetzt schon traurig, wenn du Bamberg nicht beurteilen würdest. Brauchst gar nicht erst zu kommen, … 😉
Unser Haus steht seid 1900 in Pallien, folglich hat es 2 Kriege überstanden. Aufgebaut von einer Generation, die alles hineingesteckt hat um ein Heim für die Familie zu schaffen. Bis 2006 war der Verkehr von Pkws, Schiff und Zug entsprechend normal.
Dann kam die Umgehungsstrasse in Biewer und das Unglück nahm seinen Lauf. Ab sofort durften zum ersten Mal überhaupt Lkws durch unser schönes Pallien donnern. Zu allen Tageszeiten, morgens ab 5 Uhr bis spät in die Nacht! Weder die Hauptstrasse noch unsere Häuser können den dauerhaften Erschütterungen stand halten. Unser Haus bekommt Risse, die immer größer werden. Wir erleben hier täglich erdbebenähnliche Erschütterungen. Frische Luft gibt es nur sonntags.
Der Weg durch das alte Pallien macht mich wütend. Da liegt dieses schöne Idyll, ab und an kommen Brautpaare von außerhalb um sich in der kleinen Kirche St.Simeon und Judäa das Ja Wort zu geben, weil es ja ein romantischer Platz ist und dann fahren Sie wieder weg. Feiern woanders… Pallien fehlt eine Stimme, eine Lobby! Ein Schutz zum Erhalt des kleinen Idylls.
Die Frustration des Nachbarn wegen der Verkehrssituation sollten Sie nicht persönlich nehmen. Es ist letztlich Ausdruck einer Ohnmacht nichts gegen die sich verschlimmernden Schäden, die dieser Verkehr verursacht, tun zu können.
Ich jedenfalls danke Ihnen für Ihren Beitrag. Sie haben liebevoll beschrieben was wir und auch ihr Nachbar zu sehen noch in der Lage sind!
„Wenn es nur eine einzige Wahrheit gäbe, könnte man nicht so viele verschiedene Bilder von der gleichen Blume malen“ (Pablo Picasso ?)
Ein wunderbarer Satz, Niko – danke!
Liebe Meike,
lassen Sie Unrat an sich vorbeiziehen und schreiben Sie bitte weiter wie gewohnt ganz wunderbar 🙂
Es ist einfach typisch für so viele Menschen in diesem Land, dass sie nörgeln und meckern und das Schöne nicht sehen.
Und es gibt wirklich viel schlimmere Schicksale, als der Verkehrslärm in Trier.
Hallo Frau Winnemuth,
auch ich bin, wie hier schon erwähnt, ein „Landei“, 20 km von Trier entfernt geboren, habe aber hier studiert und lange gewohnt, bis es mich vor 25 Jahren beruflich nach Norddeutschland verschlagen hat. Da meine Familie noch hier wohnt, bin ich oft und gerne zu Besuch. Vielleicht für Sie zwei Anregungen. Den sprichwörtlichen „Armen Kirchenmäusen“ wurden von einem Künstler im Dom ein bronzenes Denkmal gesetzt, klein und sehr versteckt. Ich denke, wenige Trierer wissen das und Touristen werden sie wohl nur entdecken, wenn sie einen guten Führer haben. Ich zeige sie Freunden, die zu Besuch sind, weiß aber selbst außer ihrer Existenz nichts über die Hintergründe. Vielleicht können Sie da einmal recherchieren. Weiterhin gibt es eine weltweit erfolgreiche Künstlerin, die in Trier, nicht weit von Ihrer Wohnung nämlich oben an der FH Mode- Design studiert, und in der Neustraße ihren ersten Laden eröffnet hat. Auf Wikipedia finden Sie einige Informationen über Miranda Konstantinido und ihr Label „Konplott“ und den Verweis auf einen interessanten Artikel in der Augsburger Rundschau. Sie lebt auf den Philippinen, wo ihre Produktionsstätten sind und in Rosport, wo der offizielle Sitz ihrer Firma ist. Rosport ist ein kleines Dorf hinter der luxemburgischen Grenze, ca. 10 km von Trier entfernt. Sie beschäftigt inzwischen 1.200 Menschen, fast ausschließlich Frauen und ihren Schmuck tragen bekannte Künstler wie Shakira und Madonna.
Ansonsten wünsche ich Ihnen viel Spaß und freue mich auf neue Berichte.
Naturlich wissen die Trierer von den „Dommäusen“, die gab’s schon lange bevor sie ein Denkmal aus Bronze bekamen. Vorher waren sie aus Stein, bis jemand sie abgebrochen und wohl gestohlen hat.
Vor kurzem ist ebenfalls in der FAZ ein Beitrag von Antonia Baum über ihre Jugend im Odenwald erschienen, der dort auch hohe Wellen geschlagen hat. Was man m.E. aus dieser ganzen Diskussion über die vermeintliche Idylle, Banalität oder Trostlosigkeit eines Ortes oder einer Region mitnehmen kann, ist das es ganz entscheidend ist, ob man sich dort freiwillig aufhält. Und das kann man oft viel mehr beeinflussen, als man denkt. Und dass es weniger um den Ort als solchen sondern eher um die Gefühle dazu geht. Offenbar provokant in alle Richtungen: das Nestbeschmutzen. Und das Verklären.
Sich nicht abnutzen zu lassen. Den Blick nicht verlieren. Die Neugier und die Freude. So wie Sie. Natürlich wird das Altbekannte gerne langweilig. Die Kamera auf den ausgelatschten Wegen mitzunehmen, um ein paar neue Blickwinkel zu entdecken. Und die gewohnten Dinge nicht für selbstverständlich zu nehmen. Und Idylle braucht doch eh kein Mensch, die Brüche sind doch das Interessante. Ich find den Moselartikel amüsant, spricht halt auch ein paar unangenehme Wahrheiten aus und erinnert mich an manchen Stellen auch an unsere Bodenseelieblichkeit (da können Sie sich ja dann selbst ein Bild machen).
Wenn man den Luxus hat, sich an einem Ort aus freien Stücken aufzuhalten, hat man auch nicht zu nörgeln. Oder? (Kann man ja weiterziehen) Und wenn man wo sein muss, gibt es hoffentlich ein paar Möglichkeiten, was besseres draus zu machen. Die meisten von uns haben die. Und kann man zu Orten nur eine Meinung haben, wenn man sie gut und lange kennt? Gute Frage. Wann ist denn das? Mir gefällt das prima mit den Beobachtungen. Und die Gefühle dazu. Die kann ja niemand wegargumentieren. Ich freu mich drauf.
Ooch, liebe Meike, bitte nicht nur Beobachtungen ohne Urteile. Lass Dich nicht von Empfindlichkeiten verbiegen. Ich schätze gerade Deine scharfsinnigen Urteile sehr, die oft mit einem köstlichen bissigen Humor daherkommen. Wer das nicht mag, kann doch in der weiten Welt genügend weichspültes Eiteitei finden.
„Für mich folgt daraus, in diesem Jahr bei Beobachtungen zu bleiben und die Urteile stecken zu lassen.“
och nö – bitte nicht. Davon lebt doch dieser Blog (und der Journalismus sowieso): beobachten, abwägen, bewerten, Position beziehen. Mir würd was fehlen.
Klar, als Teilzeit-Einwohner hat man vielleicht manchmal eine rosa Brille auf – genauso häufig aber auch einen klareren Blick als die, für die der Ort „Heimat“ ist. Und die Wahrheit liegt (wie meist?!) wohl in der Mitte.
Hallo Meike,
kann doch nicht alles ‚eitel Sonnenschein‘ sein, ist auch gut so, wäre ja langweilig. Letztendlich zählt das eigene Empfinden.
Viele Grüße
Birgit
Ich finde auch, es sieht und wirkt sehr idyllisch aus – sicher hat man einen anderen Blick auf die Dinge, wenn man nicht nur auf der Durchreise ist, sondern seit langer Zeit dort wohnt – aber ich finde es immer eine Bereicherung, wenn Menschen mit der Perspektive von außen etwas entdecken, was man selber schon lange nicht mehr wahrgenommen hat. Besonders wenn es die schönen kleinen Details sind!
Einen schönen Wochenstart und ich freue mich auf neue Entdeckungen,
Kristina
Vielicht können wir alle hier ja heute einer Alltagssituation, die uns sonst eher zu einem Augenverdrehen aninmieren würde, ein Lächeln entgegenbringen ?! :- )
Wie wär`s ? Das wäre doch mal ein schöner Start in die Woche!
Einen schönen Tag allen und herzliche Grüße aus dem heute morgen grau-nieseligen Berlin (oh, aber dennoch zwitschern schon Vögelchen! ;- ) ),
martina
Natürlich ist Cochem ein füchterlicher Rentner-Mosel-Ballermann, aber bevor die Kneipen anfangen, die Gässchen mit Schlagern zu beschallen, kann man auch dort schöne Ecken finden. Gleiches gilt für Trier, eine jahrtausendealte Kulisse, bewohnt von Biedermännern und Grobassis – aber zum Glück nicht ausschließlich!
Wunderschön ist tatsächlich auch die Fahrt mit der Buslinie 4 vom Petrisberg durch die Weinberge hinab in die Stadt, vielleicht das schönste was der öffentliche Nahverkehr in Deutschland zu bieten hat.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß in Trier!
Der Nachbar scheint ein Negaholiker zu sein.
Idylle ist relativ. Für eine Großstädterin auf Visite ist so ein Vergleich doch logisch. Die Schönheit, von der man permanent in täglicher Routine umgeben ist, betrachten und beachten viele irgendwann nicht mehr: Gewöhnungseffekt. Ein Negaholiker denkt dann bei lobenden Worten nicht „jetzt, wo sie es sagt: stimmt, schön hier“, sondern eben „dummes Geschwätz“….
Selbst das berüchtigte Neukölln hat idyllische Ecken – immer wieder ein Vergnügen, Besucher herzulocken und ihnen Böhmisch Rixdorf und das Drumrum zu zeigen.
Dass in der Nähe meines Heimatdorfes ein Urlaubsziel liegt, habe ich erst spät gemerkt: als jemand auf meine Erläuterung, wo ich aufgewachsen bin, mit leuchtenden Augen sagte: „Oh, am Steinhuder Meer war ich früher oft in den Ferien mit meinen Eltern!“ Bis heute halte ich diese Gegend für eher unspektakulär, aufwachsen und leben kann man da gut. Meine Dorfkindheit wusste ich jedenfalls früh zu schätzen.
Wie heißt es so richtig?
Schönheit liegt im Auge des Betrachters.
Und es gibt Tage, da hat man einfach keinen Blick für Schönes.
Mit meinen Hunden mache ich mehrfach die Woche die gleiche Runde und mal ist das hier der schönste Fleck auf Erden, mal eine triste Schlammwüste, mal einsam, mal nicht einsam genug.
Wenn man selbst schon zu einem einfachen Feldweg 10 Meinungen haben kann, wie soll man da in einem Text eine Wahrheit über eine ganze Stadt sagen können?
Ich meine, es gibt Tage, da finde ich sogar Neumünster fast schön.
(ein Schluck Amaretto im Kaffee ist da hilfreich 😉
Als Außenstehender hat man den großen Vorteil des unverstellten Blicks.
Aber es kommt eben auch darauf an, was man sehen möchte. Gehe ich mit einer positiven Grundeinstellung durch eine mir unbekannte Stadt, wird mir vieles bemerkenswert vorkommen, für das Einheimische längst keine Antenne mehr haben.
Warum sollten diese Beobachtungen „dummes Geschwätz“ sein? Sie sind einfach nur persönliche Eindrücke und gerade auch für Einheimische interessant, weil sie ihnen eine andere Perspektive ermöglichen.
Für Deinen Nachbarn habe ich dennoch Verständnis. Wenn ich mich tagtäglich von Verkehrslärm gestört fühle, kann eine idyllische Aussicht das kaum aufwiegen. Was seine offenkundig unfreundliche Art natürlich nicht entschuldigt.
Ein Wort noch zu Jakob Strobel y Serra und seiner Reportage in der FAZ:
Ich bin an der Mosel aufgewachsen und lebe seit knapp 20 Jahren ganz bewusst wieder in einem Moseldorf, weil ich mich hier wohl fühle. Über die „Moselochsen“ konnte ich schmunzeln, dieses Spezies kenne ich nur zu gut – aber Engstirnigkeit ist nun auch kein moseltypisches Phänomen, sondern dürfte überall anzutreffen sein.
Ärgerlich ist, dass dem Autor an einigen Stellen die journalistischen Gäule durchgegangen sind. Die für Außenstehende sicher amüsanten Formulierungen empfinden viele Einheimische als verletzend. Das können die positiven Schilderungen dann auch nicht mehr aufwiegen.
bitte weitermachen wie bisher. Deutschland Land der Meckerer. Muß man ignorieren.
Genau! Unbedingt so weitermachen wie bisher. Gerade die subjektive Sicht, wozu auch ganz einseitige Urteile gehören, macht das Salz in der Suppe. Deutschland ist das Land der Nörgler, das isso. Da braucht man sich nicht wegducken. Irgendeinen, oder viele, gibt es immer, die anderer Meinung sind.
Liebe Meike Winnemuth,
willkommen im schoenen Staedtschie Trier! Lassen Sie sich von den Trierer Muffkoeppen nicht abschrecken, deren Assi-Potential liegt unbestreitbar hoch. Ihre Sympathien fuer Guildo Horns Sozialarbeit lassen mich jedoch auf Verstaendnis fuer folgende Anmerkungen hoffen, jenseits von Fragen nach historischer oder staedtebaulicher Idylle. Trier Pallien liegt am „anderen“, dem Trier Wester Ufer. Pallien selbst mag (abseits der Durchgangsstrasse nach Bitburg) einen beschaulichen Eindruck machen, nicht weit entfernt Richtung Roemerbruecke liegt der Stadtteil Trier West, neben Trier Nord einer der sozialen Brennpunkte der Stadt: hohe Armutsquote, schlechte Wohnungen und vor allem mieses Image. Es mag sein, dass es dem einen oder anderen Anwohner einfach seltsam anmutet, nicht weit davon entfernt, ueber seine „Wester Uferwelt“ als Idylle zu lesen. Ich mein das gar nicht wertend, aber die Lebensbedingungen fuer die Menschen, die dort wohnen, sind einfach relativ schlechter als wenn man die Roemerbruecke ueberquert und sich den Trierer Herrlichkeiten (Dom, Kaiserthermen, Basilika etc.) zuwendet. Es ist kein Zufall, dass der Trierer Karl Marx ueber Armut geschrieben hat…. Es gibt aber im heutigen Trier einige Initiativen, um Trier West in die Stadt gewissermassen einzubinden. Vielleicht interessieren die Sie? Die tolle Julia Reidenbach sorgt mit einem Kinderchor „ueber Bruecken“ fuer musikalische Verstaendigung: http://www.16vor.de/chor-uber-brucken-12-08-2013/. Der ruehrige Calin Kruse, der in der Karl-Marx-Strasse die Rote Trude (Laden fuer Magazine und Kram) betreibt, hat Fotos gemacht, die in der Europaeischen Kunstakademie (Trier West) ausgestellt waren: http://cargocollective.com/calin/WEST.
Andere Seiten von idyllischen Kleinstaedten… aber nicht minder menschlich.
Noch ein paar ungefragte (entspannendere) Hinweise:
Guter Italiener: http://www.osteriafreun.de/
Guter Friseur: http://haarpraxis.com/
Schoener Platz zum Schreiben: http://www.bps-trier.de/
Fischers Maathes http://www.fischers-maathes.de/witze_und_anekdoten.htm (Lever dut gelacht als wie freck geaergert)
Und: schon rausbekommen, warum einer der Domtuerme hoeher ist als der andere?
Viele Gruesse von der Tarforster Hoehe (da wohnen die von der Uni). Bin vor einigen Jahren aus der Grossstadt zugezogen und geniesse seither den Blick von der Peripherie.
@ZUGEZOGENE in ihrem blog-post sprechen sie das interessante detail an, dass einer der tuerme des trierer doms hoeher ist als der andere.. sie vermuten richtig, das ist nicht so bekannt..
deshalb hier fuer die mitreisenden im „blauen bus“
einer der bischoefe von trier …
[NEIN NEIN.. ES WAR KEIN VERWANDTER VON TEBARTZ VAN ELST !!]
…liess vor fuenfhundert jahren den sued-turm des doms aufstocken, nur weil der 62-meter-turm der stadtpfarrkirche (st.gangolf) die dom-tuerme ueberragte…
es hat sich also in 500-jahren in dieser hinsicht nichts geaendert…
in den usa ging es seit 1929/1930 auch immer mal wieder um „den hoechsten turm“ .. so erreichte ein architekt (trickreich) mit einer filigran montierten metall-spitze auf dem CHRYSLER-BUILDING in new york, den ruhm – des mit 319 metern bis dahin hoechsten gebaeudes…
so war zum beispiel auch der nord-turm des new yorker world-trade-center (der WTC-1) um ueber hundert meter hoeher als der sued-turm (WTC-2) durch eine riesige antennen-konstruktion auf dem WTC-1 ..
zur zeit (2014) sind ueber 20 *wolkenkratzer* im bau.. (die mehrheit davon in asien) ..und glaubt man den ingenieuren, ist die maximal erreichbare hoehe von bewohnbaren tuermen -aus technischer sicht- erst bei 1,5 kilometer erreicht..
FUENFHUNDERT JAHRE NACH DEM TRIERER ERZBISCHOF RICHARD VON GREIFFENKLAU.. GEHT ES ALSO IMMER NOCH DARUM: „WER HAT DEN LAENGSTEN- UND HOECHSTEN“ .. TZ TZ..
[quellen: verschiedenste..]
Schönheit liegt ja im Auge des Betrachters:
Ein zur Schifffahrtsstraße modellierter Fluß;
Gerahmt von Monokulturen von Weinbau, Land- und Forstwirtschaft.
Unterbrochen durch Städtchen, vor deren konservierter deutschen Spätromatik die Junge entfliehen; oder dem Hochwasser.
Diese Kollaboration zwischen Mensch und Natur kann man als gelungen bezeichnen oder als alternativloses Übel.
Es ist tatsächlich so, dass man seine Heimat nicht besonders schätzt, bis man von Besuchern auf die Schönheiten der Stadt oder der Umgebung angesprochen wird. Anderes Beispiel: Wenn ich zu meinen Eltern gefahren bin, schmeckte mir dort das Brot besonders gut. Bei meinen Eltern war es umgekehrt.
Nörgler gibt es überall. Nach dem Motto: Du kannst die Wahrheit sagen oder lügen, es gibt immer jemanden, der dir widerspricht.
Ich finde es immer wieder total spannend, wie sich Landschaften, Leute, Geschichten von einer anderen Warte aus anfühlen. Jeder hat doch eine eigene Wertung und einen anderen Background von dem man die Dinge aus betrachtet. Da gibt es unendlich viele Sichtweisen. Wenn man offen für andere ist, so wie in Ihrem Block, kann einen das nur bereichern – man sieht Schönheiten neu, entdeckt Vertrautes auf andere Weise – sogar das Nörgeln kann manchmal anregend sein :-))
In diesem Sinne freu ich mich schon auf mehr…
Hallo Frau Winnemuth,
ich finde es toll, daß Sie, nach einer Weltreise, jetzt Deutschland näher kennenlernen wollen und bin sehr begeistert, daß Ihre erste Station direkt in meiner Heimat ist. Wenn ein echter Trierer von mir auch behaupten würde ich sei ein „Landei“ (so wird die Landbevölkerung um Trier herum gerne genannt), so ist für eine Weltreisende eine Entfernung von 30 Km doch direkt um die Ecke.
Zum „Dummen Geschwätz“ sei gesagt, daß wir hier an der Mosel das große Glück haben in einer Region zu wohnen, in der andere Leute Urlaub machen, kann also so schlimm nicht sein. Aber auch wir hier benötigen Straßen und Schienen um von A nach B zu kommen und dieser mürrische Zeitgenosse wird wahrscheinlich nicht durch Feld und Flur zum Einkaufen oder zur Arbeitsstelle laufen und auch eine Brücke zur Flußüberquerung nutzen. Ich selbst wohne in einem kleinen, wirklich beschaulichen Dorf an der Mosel mit einer Brücke, die täglich von LWK`s, Bussen, Traktoren und natürlich Autos genutzt wird, manchmal so laut, das kaum ein Fensteröffnen möglich ist. Aber um nichts in der Welt möchte ich den Ausblick von meinem Garten auf die gegenüber liegenden Steilhänge, an denen die besten Riesling-Weine wachsen, gegen eine ruhige Wohnung in einer Großstadt tauschen.
Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall noch einige spannende Tage in Trier und Umgebung und bin täglich neugierig darauf, wie Sie meine Heimat und die Menschen hier erleben.
Mein Sohn, 15 Jahre alt, wohnt mit uns in Celle und versteht überhaupt nicht, was hier so toll sein soll und warum so viele Touristen kommen, alles klar?
Das stimmt, was viele hier schreiben, man weiß das Naheliegende oft nicht zu würdigen. Ich begann, meine jetzige Heimatstadt Bamberg nach über zehn Jahren aus anderen Perspektiven zu sehen, als ich anfing, über Gastfreundschaftsnetzwerke im Internet (Couchsurfing, BeWelcome – das ist so wie Airbnb nur ohne Geld) Reisende bei mir übernachten zu lassen. Wenn man diesen Leuten dann „seine“ Stadt zeigt, lernt man diese ganz neu und aus anderen Blickwinkeln zu schätzen. Das ist immer wieder erfrischend und dazu lernt man noch nette Menschen aus aller Herren Länder kennen und viel Neues über die eigene Stadt.
Die mürrischen Menschen gibt es doch überall. Paradies ist immer das, was man nicht hat…
Wie schön, dass Sie uns die ganzen Orte durch Ihren Blickwinkel sehen lassen, vielleicht können dann Manche auch wieder die Schönheit ihres Ortes erkennen…
Hallo, Frau Winnemuth,
ich glaube, dass es den Trierern ähnlich geht, wie vielen Menschen mit ihrem Wohnort. Sie sind so zu mit Alltag und Routine, dass sie die Schönheiten der Gegend nicht mehr sehen (können). Offensichtlich sind die meisten Menschen (und oft auch ich) so gestrickt, dass sie das, was sie im Alltag nervt, viel stärker wahrnehmen, als das, was funktioniert und wunderschön ist.
Wir sind beispielsweise vor zwei Jahren in Vorbereitung auf eine Lateinamerika-Reise (mit Marsch zum Machu Picchu) in der nahen Umgebung wandern gegangen. Eigentlich hasse ich wandern – ich musste als Kind viel in den Alpen wandern. Aber bei den kleinen Wanderungen habe ich entdeckt, wie toll die nähere Umgebung ist und dass wir das Laufen tatsächlich als kleine Kurzurlaube erlebt haben.
Vielleicht trägt Ihre Deutschlandreise dazu bei, dass viele Menschen die eigene Umgebung entdecken – das wäre an sich doch mal ein tolles Projekt!
Übrigens: Ihr Buch „Das große Los“ hat mir gut gefallen. Aber: Der Ausstieg, wie Sie ihn schildern, ist ohne finanzielle Sicherheit im Rücken, nur möglich, wenn man einen Beruf hat, den man auch von unterwegs ausüben kann.
Herzliche Grüße Claudia Lambert
Vielleicht lebt der Herr nach diesem Postkartespruch:
„Wenn ich alt bin, werde ich nur nörgeln. Das wird ein Spaß!“ 🙂
Postkarte“n“spruch natürlich.
„Idylle“ ist was im Kopf. Oder im Herzen.
Öhm … die Mosel-Reisereportage hört sich wirklich übel an! Ist der Nachbar vielleicht der Autor? :-))
Bloß nicht ins Bockshorn jagen lassen! Wenn den guten „Herrn“ sein Trier so arg plant, sollte er sich vielleicht mit einem Wegzug befassen. Gram, Frust und Unzufriedenheit machen alt und krank und verleiten zu „dummem Geschwätz“!
Cochem der Mosel-Ballermann? Dann ist Rüdesheim wohl das Rheingau-Pendant….. Klar hat der sogenannten „Massentourismus“ seine Auswüchse, aber man könnte sich umgekehrt auch freuen, dass das Heimatstädtchen über die Grenzen hinaus geschätzt wird.
Bei diesem Grummelbüdel-Kommentar kann man doch nur denken „Sabbel die rund, kannst die kugeln“. Klar ist Ihr Blick ein anderer, als der eines schlecht gelaunten oder kranken oder wasweissichwie verärgerten Mannes, der seit ewigen Zeiten dort wohnt. Wir alle sehen die Schönheit des Naheliegenden oft nicht. Leider. Ihre Reise samt Blick und Urteil ist gut. Sehr gut und erwünscht, wie ja die Lesergemeinde zeigt 😉
Viel Freude!
Ich mag keine großen Städte, nichts reizt mich daran. Aber Städte wie Trier, nicht wirklich Kleinstädte, ab trotzdem übersichtlich, viel Grün drumrum, zu allem Überfluß noch ein romantischer Fluß, alte Mauern, es gibt was zu Entdecken, aber niemals hektisch, es ist nicht so, dass man jeden Einwohner kennt, aber anonym ist es auch nicht…..herrlich! Und idyllisch!
Solche Leute wie den Nachbarn gibt es wohl überall. Was man tagtäglich um sich hat, wird selbstverständlich…… Und wer sucht, was ihn stört, findet etwas. Dabei macht es viel mehr Spaß, das zu suchen, was einem Freude macht, auch wenn das manchmal nur klitzekleine Kleinigkeiten sind.
Auch bei uns in Stralsund wird man oft von Leuten, die lange oder noch nie hier waren, auf schöne Dinge angesprochen, die wir schon gar nicht mehr sehen. Und im Urlaub hat man Zeit und Muße, alles zu betrachten und zu genießen – oder auch nicht. Mein Mann und ich machen regelmäßig ein paar Stunden „Urlaub“ in unserer Stadt und spazieren gemütlich dort entlang, wo wir einige Zeit nicht waren.
Wir entdecken fast immer dabei etwas neues.
Ich hatte mich seit 1965 nicht nur körperlich sondern auch geistig von Trier ziemlich „verabschiedet“ (mir fällt da Ihr „gespaltenes Verhältnis“ zu Neumünster ein), aber so langsam bekomme ich wieder Heimweh …..
….ich glaube, das ist genau das, was unsere ausländischen Gäste so sehr an Deutschland mögen: Geschichte! Diese eigenartige, märchenhafte Ausstrahlung, die sich hier und da zeigt. Man wohnt zwischen, in, jahrhundertealten Mauern. Das mag ich so an Deutschland. Diese verwunschenen Orte!
Ich glaube, der Blick von außen ist manchmal sehr wichtig; wir versuchen ihn hier – nach fast 15 Jahren in dieser kleinen Stadt – immer mal wieder zu bekommen. Ohne schwimmt man doch zu sehr nur in der eigenen Sauce, ohne ihn neigt man auch manchmal zu sehr dazu, nur das negative zu sehen.
Fremde sagen uns oft, wie hübsch unser Städtchen ist.
Das hilft, das Schöne auch selber wieder zu sehen; auch wenn man selber von irgendeiner Kleinigkeit aus der Lokalzeitung genervt ist.
Kurt Tucholsky, 1929 als Peter Panter:
„Die übrige Welt ist versunken: die Leute haben nur noch Ohren und Augen für die „Jejenpachtei“ es ist derselbe Geist, der aus der Anzeige einer kleinen Provinzzeitung spricht, in der zu lesen stand:
Bitte den Verleumdungen aus dem Keller kein Ohr zu schenken.
Hochachtungsvoll A. Grimkasch.
Der Mann hatte vergessen, daß es noch mehr als einen Keller in der Stadt gab, er sah nur den einen, seinen: den Keller. In diesem Lokal hier sehen alle nur den Keller.“
Natürlich ist das eine Idylle. Nicht nur aus Deinem Blickwinkel. Aber Du befindest Dich jetzt und nahezu täglich und das ganz Jahr über im Urlaubsmodus. Das MUSS sich doch anders anfühlen. Und gegen griesgrämerige Männer kann man nicht argumentieren. Mit ihnen noch viel weniger!
Geniess Deine Idyllen weiterhin und schreib bitte nicht nur Beurteilungen sondern un-be-dingt Beurteilungen !!!! Gerade die wollen wir lesen!
Das sollte natürlich heissen: nicht nur Beobachtungen sondern un-be-dingt Beurteilungen!