»Und wie ist es da so?« fragt eine Freundin am Telefon. Tja, wie ist es hier so? Schön. Entspannt. Übersichtlich. Auf den ersten Blick ein kleines Päckchen, aus dem aber, wenn man es öffnet, erstaunlich viel herauszuholen ist. Noch sind es nur Impressionen, aber bevor ich die vergesse…
– Jeder kennt… nein, nicht jeden, aber zumindest jemanden, der einen anderen kennt, der… Ich saß heute beim Tee bei einer Keramikerin, Frauke Güntzel, deren Vater der Kunstlehrer von Guildo Horn war. Und die wiederum Schlagzeugunterricht in einer Probenband bei Oliver Rohles genommen hat, zu dessen Gedenken am Samstag ein Konzert stattfand, bei dem ich zufällig war, weil ich mit Tina Wilhelmus verabredet war, die wiederum Manuela Schewe vom Weinsinnig kennt, wo wir abends… Und so weiter. Frauke war außerdem in derselben Klasse wie Beate Boost, die Schwester von Rüdiger, dem Freund von Guildo. Und so weiter. Es führt jetzt zu weit, aber nach einer Woche deutet sich an, was ich vorher schon vermutet hatte: Das Netzwerk ist feinmaschiger in so einer Stadt, die Verknüpfungen vielfältiger. Und das kann man je nach Veranlagung als Stützstrumpf oder als Korsett empfinden.
– Der Trierer mag es übersichtlich. Straßen in der Innenstadt heißen Fleischstraße oder Brotstraße oder Hosenstraße oder Nagelstraße. Simpel. Knackig. Der Hauptmarkt heißt Hauptmarkt. Es gibt ein Restaurant nur für Käse und eines nur für Kartoffeln. Um es noch übersichtlicher zu machen, werden Dinge gelegentlich auch zusammengerührt. Die beliebte Beilage Teerdisch ist ein Kartoffelpüree-Sauerkraut-Gemisch, farblich und von der Konsistenz her… nein, ich wollte ja nur beschreiben, nicht urteilen. Im Krokodil wird mittwochs Barjazz gespielt: »Einfache Melodien, akustisch, modern mit warmem Timbre«. Ebenfalls übersichtlich.
– Samstags wird es unübersichtlich. Am Hauptmarkt ein Menschenauflauf aus aller Herren Länder, in der Mehrzahl Luxemburger, aber auch Belgier und Franzosen, die zum Einkaufen kommen. Die Trierer wiederum sind derweil auf dem Weg nach Luxemburg, um dort zu tanken. Trierer fahren zum Arbeiten nach Luxemburg (Eingangs-Einkommenssteuersatz 8 Prozent), Luxemburger fahren zum Wohnen nach Trier (was die Immobilienpreise in schwindelnde Höhen getrieben hat). Der Shoppingtourismus hat wiederum dazu geführt, dass es eine erstaunliche Menge an Geschäften gibt, die man in einer so kleinen Stadt niemals vermuten würde. Beispiel: Edith Lücke, eine der größten privat geführten Parfümerien Deutschlands mit einem Angebot, wie man es selbst in Großstadt-Beautytempeln selten findet: Creed, Annick Goutal, Jo Malone… (‚tschuldigung, da wurde kurz die Lifestyle-Else in mir reanimiert).
– Übersichtlich wiederum der Smalltalk der Trierer:
»Unn?« (Wie geht es dir?)
»Jao.« (Danke, alles bestens.)
– Und mein vorläufiges Lieblingswort im Trierischen: Stubbi. Eine 0,33 l-Flasche Bier.
Kleiner Nachtrag zu Frauke Güntzels Keramik:
unbedingt am Tag der offenen Töpferei am 8./9. März bei ihr in der Speestrasse 15 vorbeischauen!
Lohnt sich!
Der Bar-Jazz im Krokodil ist aber nicht live, oder doch?
Doch.
Stubbi kenne ich auch. Und weil es mich interessiert hat (kommt der Begriff aus Australien?), habe ich mal gegoogelt und bin bei Wiki unter „Steinieflasche“ fündig geworden. Sehr köstlich! (Die Flaschen sind DIN-genormt und besonders bruchsicher, das erklärt warum man sie besonders gerne beim draußen feiern trinkt….) Das Gegenstück sind übrigens „Lanngge“, 0,5l-Flaschen Bier.
Eich ha misch rischdisch klaor amesört, hei öm platte Land, zufällisch ze lesen, wat ihr all geschriewen hat. Onn och besonners, weil dat Trierischet emaol rischdisch geschriewe gewen öss!
Dän Trierer höllt noren alles ! Dän nimmt neist on – dat klappt sugaor. Wenn en ebbes hollen dut, kriet en dat och maasdens.
Also, dajee – bis de nächst Kehr!
Bei Frauke Güntzel wäre ich bestimmt mit einem Paket unterm Arm herausgekommen. Konnten Sie sich beherrschen?
Kann Buchfink nur Recht geben! Bei der Fülle schöner Keramik konnte ich mich auch noch nie beherrschen…
Liebe Meike,
in der Tat, Trier ist übersichtlich. Das wirst Du auch daran merken, daß wir uns in der Zeit, die Du hier bist, garantiert mindestens einmal über den Weg laufen werden, ohne es verabredet zu haben. Wenn es so weit ist, sollten wir ein Bierchen oder einen Kaffee (je nach Tageszeit) trinken und noch einmal auf die Sendung anstoßen, die Dich so reich beschert hat, während ich zwei Meter entfernt saß und gehofft habe, daß Du endlich ausgesabbelt hast, damit ich auch noch drankomme 😀
Viele Grüße,
Hartwig
Stubbi-Bierflaschen wurden weder „Daun ander“ noch von der Hamburger Biermarke „Astra“ erfunden, wo sie heute (im norddeutschen Biermarkt) als USP dienen darf. Vielmehr werden seit vielen Jahrezehnten v.a. Export-Biere in Stubbis abgefuellt und verkauft. Die schlanke 0,33er Flasche ohne Absatz kam erst auf, als die Pilsener Biere Mode wurden. In suedwestdeutschen Dialekten werden auch Menschen als Stubbis charakterisiert, deren Koerperform nicht unbedingt an die schmale, elegante Pilsener-Flasche erinnert.
Herrlich! Sehr treffendes Portrait oder wir sagen würden: “ Unser Stammbaum ist ein Kreis ;-)“
Herzlich Willkommen in Trier und viel Spass noch beim Netzwerken..
Glückwunsch! Ein absolut passendes Porträt unserer Stadt. Punktlandung.
gesendet von: Hans-Peter Linz. Redakteur, Fotograf. Ur-Trierer mit langer Ahnenreihe bis zu Pompejus.
Und wo ist das Fiete-Foto vom 13.01.???
Es gibt noch eine lustige Parallele zwischen Australien und Trier: Bei meiner Reise ins Outback erklärte mir unser Guide, dass die Felsformation „Kata Tjuta“ (die Olgas in der Nähe des Uluru / Ayers Rock) „viele Köpfe“ bedeutet und dass es in der Aborigine-Sprache keine Wörter für die Zahlen gibt, sondern nur
„keinen“, „einen“, „zwei“, „wenige“ und „viele“.
Und wie zählt der Trierer???
„Kaanen“, „Aanen“, „Aanen mieh“ und „Milljuuhnen“. Das kann doch kein Zufall sein… wenn da mal nicht vor milljuhnen Joar ein Ur-Trierer nach Down-Under ausgewandert ist, mit Stubbi-Flasche im Gepäck 😉
Links:
Comic zur Trierer Zählung:
http://www.heilig-rock-wallfahrt.de/typo3temp/pics/9013e90db6.jpg
http://www.gehirn-und-geist.de/news/aborigines-kinder-zaehlen-auch-ohne-zahlwoerter/965306
Ich vermute sehr stark, die Australier waren früher dran, zumindest mit »stubby«. Das bedeutet im Englischen ja »kurz und dick« oder feiner: »untersetzt«, insofern scheint der Stubbi eine Entlehnung aus dem Englischen zu sein. Lustig, denn Rheinland-Pfalz war doch französische Besatzungszone, nicht?
Danke für die schönen Tipps für Restaurants etc.! Betr: Käse-Restaurant… Das ist eine alte Idee von mir – und schon wieder hat es jemand vor mir umgesetzt 🙂 Und der Name ist doch klasse!
Weiterhin viel Freude
Fanny
Liebe Frau Winnemuth, bitte urteilen Sie. Dies ist ein persönliches Blog mit persönlichen Erlebnissen, da finde ich vermessen (was ich damals bei VmdW auch schon mal sagte, als man Sie der mangelnden journalistischen Sorgfalt bezichtigte), Ihnen vorzuwerfen, über das Erlebte zu urteilen.
Das ist doch urmenschlich, wir tun es alle jeden Tag – warum sollten Sie sich dieses Recht verwehren? Ich habe Angst, der Blog wird sonst einer falschen oberflächlichen Harmoniesucht anheimfallen, und da dies weder eine ethnologische Feldstudie ist noch ein Artikel im Reiseressort ist, finde ich es ungemein schade, NICHT Ihre persönliche Meinung, auf die ich viel gebe, zu hören.
Just my two cents.
Ja! Bitte, bitte. Das war ja genau das Amüsante und Berührende immer. Man muß ja die Meinung nicht teilen, aber sie zur Kenntnis nehmen, wenn man will. Leute, die sich ärgern gibt´s immer, aber Leute, die sich freuen auch.
Jawohl! Wenn du nicht urteilst, wie sollen hier dann so schöne Diskussionen entstehen wie damals, als du das süße kleine Skippy genüsslich verputzt hast?! 😉
Liebe Frauke,
Ich antworte jetzt mal auch wenn deine Aussage an Saskia gerichtet war. Das Meike irgendwen defamiert oder schlecht macht ist ja auch nicht unser Wunsch. Wer will schon blossgestellt werden? Und das Sie das macht hätte ich ehrlich gesagt auch gar nicht erwartet. Mir persönlich ging es vor allem darum, dass Meike nicht etwa einzelne Menschen ( oder von mir aus auch nicht „die Trierer allgemein“) sondern ihre Erfahrungen und vielleicht Besonderheiten der einzelnen Städte für sich (und uns) bewertet. Das macht selbst jeder Reiseführer. Und ich persönlich finde das auch nicht schlimm. Oft habe ich mir sagen lassen müssen die Ostwestfalen wären stur und wortkarg. Mich als Bielefelderin belastet das nicht. Denn das ist ja immer Ansichtssache und bei jedem individuell anders. Das schöne an diesen Blogs fand ich halt immer, dass Meike „frei Schnauze“ schreibt und sich nicht einer übermäßigen inneren Zensur unterwirft (á la „Hm, wie kommt das wohl an wenn ich..“ oder „was denken die dann von mir“.) Ich finds erfrischend und es hat schon zu einigen schönen Diskussionen hier in den Kommentaren geführt. Kontroverse Meinungen, solange Sie nicht in Beleidigungen ausufern, sind doch auch immer ein Denkanstoss. 🙂
Mit lieben Grüssen nach Trier
Sarah
Moinmoin,
in Rheinhessen sagt man auch „Stubby“ 🙂
Ein fröhliches Moin nach Trier,
Liege noch im Bett, vor 5 Min ging der Wecker und das Erste was ich jeden Morgen mache, sobald sich die Äuglein ans Licht gewöhnt haben…. Fietebild anschauen und den neuesten Beitrag hier lesen…. Der perfekte Start in den Tag. Bin sonst kein Blog-Leser, aber den hier…. Ja! Toll was Deutschland so zu bieten hat. Das wird bereits nach Ihren ersten Tagen in Trier deutlich und macht Lust auf mehr. Die stubbies kenne ich allerdings auch schon aus Australien…. Mit dazugehörigem stubbie cooler, dem kleinen Neoprenanzug. Gibt es da einen Zusammenhang oder ist das purer Zufall? Müsste man mal recherchieren…. Mach ich vielleicht mal nachher im Büro, jetzt muss ich erstmal raus aus den Federn! Wünsche Ihren, Frau Winnemuth mit Fiete einen schönen Tag und allen anderen auch!
Grüsse aus Hamburg, Tini
Hallo Tini, die australischen Stubbis & Cooler habe ich auf meiner Australienreise im Jahr 2000 auch entdeckt und gleich mal ein paar Cooler für meine Freunde zu Hause als Andenken mitgenommen…. ABER leider haben die Bitburger-Stubbis einen größeren Durchmesser, so dass die Cooler nicht gepasst haben. Trotzdem nettes Andenken 🙂
Da sieht man mal, was ein Dialekt bewirkt. In Hannover sagt man, hat jedenfalls Theodor Lessing mal geschrieben, „jäo“, was aber in meinen Ohren eher wie „muss ja“ klang. Da scheinen die Trierer mit ihrem „jao“ doch etwas entspannter zu sein.
Genau, Stubbies sollten Sie schon aus Down under kennen.
Es kommt darauf an… ich bin in einer Kleinstadt geboren und habe diese immer als Korsett empfunden. Besuche ich Kleinstädter in Kleinstädten werde ich sofort bereitwillig aufgenommen – das ist schön und ich empfinde es als Stützstrumpf.
Tach,
Der Smalltalk der Trierer ist mir sehr sympathisch und ähnlich umfangreich wie im Raum Bielefeld/Gütersloh. Bei uns heißt das: „Wie isset?“ – „Muss ja“. Und hier gibt es sogar Vokabelbücher (Matthias E.Borner: „Pölter, Plörre und Pinöckel“) zur Vorbereitung auf den Ostwestfalenaufenthalt. Herzliche Grüße!
…gibt’s hier auch, als Comic mit allem drum und dran.. 😉
https://www.facebook.com/alles.trier
Wenn Sie über die Besonderheiten der Trierer spräche forschen und berichten , fragen Sie doch bitte mal nach was es mit „holen“ und „nehmen“ auf sich hat. Ich könnte mir vorstellen, dass Ihnen und den Lesern das gefällt.
Zu diesem sprachlichen Phänomen kann man bereits hier den Verweis auf den „Zwiebelfisch“-Beitrag finden:
http://zurueckauflos.com/sehr-nuetzlich/
(Ich weiß nicht, ob es mir gefällt, ich finds jedenfalls irritierend und amüsant. ;-))
Genau. Und bei uns am Niederrhein heißen die kleinen dicken Flaschen auch so.
Mein Lieblingswort im Trierischen: Klappschmier. Heißt: Stulle. Und Hehlschmier ist eine Beleidigung und heißt „hohles Brot“.
Moin!
Auf den Ausdruck „Stubbi“ für eine kleine Bierflasche haben die Trierer aber kein Copyright! In Down Under greifen die Mates auch gern zum „Stubby“ – ein handliches Fläschchen mit 375ml Inhalt!
Aber nicht jede 0,33 Liter-Bierflasche ist auch ein Stubbi. Der Name gilt in Trier nur für die kleinen, gedrungenen, dicken Flaschen von der Bitburger Brauerei.
Die Aufgabe vor dem Grillfest lautet also „en Kist Stubbies kaafen“. Damit ist dann ein Kasten jener Flaschen aus der Bitburger Brauerei gemeint. 😉