Rock’n’Roll

0202teelicht Wenn es nach diesem Teelicht geht, habe ich alles von Trier gesehen.
Karl-Marx-Geburtshaus √
Kaiserthermen √
Alter Krahnen √
Steipe √
Porta Nigra √
Mariensäule √
Petrusbrunnen √
Marktkreuz √
Konstantin-Basilika √ (von außen, die ist leider bis März wegen Orgelbauarbeiten geschlossen)
Dom √
Aber was ist das ulkige T-Shirt da am Dom? Oh, das ist gar kein T-Shirt, sondern der Heilige Rock? Den wollte ich noch sehen, das war auch eine der Aufgaben, die man mir gestellt hatte: so nah wie möglich an den Heiligen Rock heranzukommen.

21_fullDer Heilige Rock ist eine Reliquie, die seit dem 12. Jahrhundert im Dom aufbewahrt wird. Angeblich das Untergewand, das Jesus bei der Kreuzigung getragen hat, und angeblich von der Heiligen Helena, der Mutter Konstantins des Großen, persönlich nach Trier gebracht. 1512 wurde der Rock zum ersten Mal öffentlich ausgestellt, seitdem wurde er zum Ziel von unregelmäßig stattfindenden Wallfahrten. Im 20. Jahrhundert wurde er nur dreimal gezeigt – 1933, 1959, 1996 –, die bisher einzige Wallfahrt im 21. Jahrhundert fand 2012 statt, 500.000 Pilger kamen aus Polen, Italien, Irak, der Ukraine.

Wie bei allen Reliquien ist die Herkunft mehr als zweifelhaft. In seiner heutigen Form ist der Rock eine Art Textil-Sandwich aus mehreren Stoffschichten aus den vielen Jahrhunderten, die teils zum Schutz, teils als Ausbesserung der zerfallenen Wollfasern dienten. Im 19. Jahrhundert kam jemand auf die schlaue Idee, das ganze Konstrukt mit Gummiarabikum zu stabilisieren, seitdem ist da textilarchäologisch überhaupt nichts mehr zu holen, die letzte Untersuchung 1973/74 brachte keine Erkenntnisse.

0202propst Aber darum gehe es auch gar nicht, sagt Dompropst Werner Rössel, den ich bei meiner Mission um Hilfe bitte. Er ist der Herr des Rocks, er hat den Schlüssel zu der Kapelle, in der der Rock liegend in einem Holzschrein von 1891 (und der wiederum geschützt durch einen klimatisierten Glasschrein) aufbewahrt wird. »Der Rock ist eine Ikone für Christus, ein Symbol«, sagt er, als wir uns auf den Weg durch den Dom machen. Eine Treppe hinauf, eine eiserne Gittertür wird aufgeschlossen, durch das hintere Kirchenschiff und Absperrseile hindurch – und dann endlich vor der Bronze-und-Glas-Tür, hinter der sich der Rock befindet. Der Propst studiert das laminierte Kärtchen mit dem Zugangscode (»Ich kann den nicht auswendig«), tippt ihn ein, drückt einen Schlüsselchip gegen den Sensor, das Schloss öffnet sich – und dann hakt die Tür. Irgendwie, irgendwo, mit allem Ruckeln geht nichts weiter. Ein Dombruder muss kommen. »Bruder Martin, da muss doch irgendwo noch ein Riegel sein.« Bruder Martin ist ebenfalls ratlos. Zuschließen, noch mal aufschließen – geht immer noch nicht. Nach einer Viertelstunde geben wir auf, der Propst zuckt entschuldigend die Schultern. Der Heilige Rock – zum Greifen nah, und doch…

Auf die nächste Chance muss ich etwas warten. Noch gibt es keinen Termin für die nächste Heilig-Rock-Wallfahrt, man spekuliert auf 2033, die 2000. Wiederkehr der Auferstehung Christi. Immerhin die Kapelle wird aber vom 27. April bis 2. Mai geöffnet, um den Schrein zu umrunden. Wenn sie die Tür aufkriegen.

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14 Gedanken zu „Rock’n’Roll

  1. claus

    http : // www . volksfreund . de /nachrichten/region/trier/Heute-in-der-Trierer-Zeitung-Schoenstes-Erlebnis-Treffen-mit-Guenther-Jauch;art754,3778200

  2. Barbara R.

    BETRIFFT: Fietefoto Abtei St. Matthias ….. Hahahaha! Ich musste über den Kommentar (blöde Töle ist aus dem Bild gelaufen) schmunzeln. Hatte zuvor gedacht – nachdem ich vergeblich nach Hundi gesucht hatte – das Foto beinhalte ein Suchbild :-)) – bis ich dann auf den Kommentar stieß. ÜBRIGENS: eine schöne Idee, jeden Tag ein Foddo von Fiete zu schießen. Hat ein bisschen was von Alfred Hitchcock: der ist in jedem seiner gedrehten Filme für den Bruchteil einer Sekunde zu sehen; als Passant oder … oder …. oder … (sein Markenzeichen).
    VIEL SPAß WEITERHIN !!!
    Wann geht’s eigentlich auf meine Lieblingsinsel?

    1. Nadine

      Hallo liebe Frau Winnemuth,

      ein wunderbarer Blog!

      Mich würde doch mal interessieren, wie Sie jetzt nach Spiekeroog kommen. Fahren Sie mit dem Zug? Was ist mit Ihrem Führerschein passiert?

      Einen wunderschönen Monat auf Spiekeroog wünsche ich Ihnen.

      Liebe Grüße
      Nadine

      1. Sarah Weigel

        Hi Nadine
        Meike hat auf Facebook gepostet und dort jemanden gefunden, der Sie netterweise in ihrem eigenen Auto nach Spiekeroog bringt und mit dem Zug zurückreist. Und wegen ihrem Führerschein: der hat diesen Monat wegen akuter Eile einen warmen Platz auf der Polizeiwache gefunden. Erzwungene Entschleunigung quasi 😉

        1. Nadine

          Hi Sarah,

          danke für die Erklärung und die Infos. Ich bin nicht auf Facebook, deshalb ist mir das entgangen. Aber freundlicherweise hast Du mich aufgeklärt :-). Danke dafür.

          Liebe Grüße
          Nadine

  3. sylvia

    das ist eine schöne geschichte!
    faszinierend, wieviele menschen so ein stückchen stoff in bewegung setzt… obwohl – die ganzen catwalk-events schaffen ja auch ’ne menge…

  4. Ralph

    Da fällt mir spontan nur der Kinofilm „Freck langsam- der heilige Rock untern Hammer“ ein.
    Gibts auch als DVD.

  5. Katharina Zangl

    Wunderschöne Geschichte einer gleichermaßen selten wie unregelmäßig und und unvorhersehbar gezeigten Reliquie – und dann geht im entscheidenenden Moment die Tür nicht auf. Ich bin ja fast immer gern katholisch, aber es gibt Momente, da bin ich es besonders gern!

  6. Ute Sieland

    Ich wusste gar nicht, dass der Heilige Rock so selten gezeigt wird.
    1996 habe ich ihn gesehen 🙂
    Liebe Grüße und viele interessante Begegnungen für die weitere Reise!

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